Kein zweites Haustier erfreut sich solch großer Beliebtheit wie der Hund. Er ist gelehrig, folgsam und seinem Herrn treu ergeben. Deshalb macht wohl so ein kleiner Kläffer auch das Leben erst perfekt. Er winselt, wenn du fortgehst, vollführt Luftsprünge, wenn du zurück bist, rennt dir hinterher und blickt dich bettelnd an, leckt dir die Hand, beglückt dich mit lautstarkem Gebell und schnappt eifersüchtig nach jedem, der ihm in die Quere kommt. Du umsorgst ihn wie ein Kind, fütterst ihn und spielst mit ihm, kämmst sein zottiges Fell, begleitest ihn, wenn er sein Geschäft verrichtet, streichelst und verwöhnst ihn, streifst mit ihm durch Wald und Flur, und ist er krank, läufst du sofort mit ihm zum Arzt. Kurz gesagt, er gibt dir wie kein anderes Wesen das Gefühl, dass er dich braucht.
In einer Zeit, wo der Kommerz das Zepter schwingt, verkommt der Hund jedoch zur Modeware. Deswegen hat sich in Dog Town, einer gemütlichen Stadt mit vielen Freunden jener bellenden Untermieter, ein regelrechter Wettstreit zwischen den Hundezüchtern entsponnen. Die Damen der feinen Gesellschaft zahlen für ein herausragendes, seltenes Exemplar fast alles, denn ein auffallend schönes Tier lenkt geschickt von den eigenen Unzulänglichkeiten ab und gilt obendrein als ein Statussymbol der besonderen Art.
Mrs Paula Carter war die Gattin eines ständig mit Finanzen und jungen Sekretärinnen beschäftigten Firmenchefs. Sie wohnte in einem piekfeinen Anwesen mit kühler Atmosphäre, argwöhnischem Personal und missgünstigen Nachbarn. Ihr Ehemann schien wesentlich mehr an seinen Profiten als an ihr interessiert zu sein, die Kinder waren längst ausgezogen und gute Freunde hatte sie nur wenige. Diese lebten alle irgendwo in der großen, weiten Welt und meldeten sich daher bloß ab und an per Telefon.
Früher hatte Paula täglich ein paar Stunden mit Schönheitspflege verbracht, doch seit geraumer Zeit ließ ihr Ehrgeiz etwas nach. Das Alter schritt unbarmherzig fort, und ihrem Mann war es ohnehin egal, wie sie aussah. Jetzt, da sie anzog, was ihr gerade in die Hände kam, und an Spiegeln stolz vorbeilief, ohne einen Blick hineinzuwerfen, hatte ihr Tag aber merkliche Längen. Zwischen den Mahlzeiten, die man eigens für sie zubereitete und servierte, passierte so gut wie gar nichts. Sie benötigte unbedingt einen Zeitvertreib, sie brauchte eine Aufgabe.
Als sie schließlich wieder einmal durch die städtische Parkanlage spazierte, begegnete sie der ältlichen Mrs Field, die mit ihren zwei weißen Pudeln unterwegs war. Die flinken Tiere zerrten ihre mollige Besitzerin gehörig durch die Gegend und zwangen ihr unverkennbar den eigenen Willen auf. Ein solch störrisches Tier zu bändigen schien Paula schwierig genug für den Anfang. So entschied sie sich kurzerhand noch am selben Abend dafür, einen Hund anzuschaffen.
* * *
Bereits am nächsten Tag setzte Paula ihren Plan in die Tat um und suchte den stadtbekannten Züchter Harold Harris auf. Dieser war ein besonderer Vertreter seiner Zunft. Seit Jahren schon sprach man in Dog Town über ihn, denn er war berühmt für die Kreativität, die er beim Züchten neuer Hunderassen walten ließ. In letzter Zeit jedoch war es still um ihn geworden und man sah ihn nirgends mehr. Deshalb wurde gemunkelt, dass er an etwas unsagbar Wichtigem arbeite, denn dies konnte der einzige vernünftige Grund sein, das gesellschaftliche Leben derart zu vernachlässigen.
Harold Harris begrüßte seine Kundin höflich und kam gleich zielstrebig zur Sache.
»Nun, Madam, ich wette, Sie wollen ein Haustier erwerben!«, scherzte er leutselig, während er sein Jackett mit den Händen glättete und die Krawatte zurechtrückte.
»Da haben Sie richtig geraten, Mr Harris«, entgegnete Paula und setzte dabei ein süßsaures Lächeln auf. Er war ihr vom ersten Moment an unsympathisch.
Harold Harris wirkte mehr wie ein Geck denn wie ein Tierfreund. Er trug einen feinen Anzug, roch nach teurem Rasierwasser und sein schwarzes Haar glänzte von Pomade. Paula fühlte sich unwohl in seiner Nähe. Sie war kaum geschminkt und nur einfach gekleidet - da kam sie sich ja fast nackt vor! Woher sollte sie aber auch wissen, dass Harris solch ein Stutzer war!
»An was für ein Tier hatten Sie denn gedacht?«, fragte der Züchter.
»An einen Hund«, antwortete Paula knapp.
»An einen Hund!«, wiederholte er selbstgefällig. »Aha! Bevorzugen Sie eine bestimmte Rasse?«
»Nein, eigentlich nicht. Ich kenne mich mit Hunden gar nicht aus«, gab Paula unumwunden zu.
»Und welche Funktion soll das Tier in Ihrem Haushalt übernehmen?«, erkundigte sich der Fachmann. »Brauchen Sie vielleicht einen Wachhund, einen Jagdhund, einen Schoßhund oder gar einen Blindenhund?«
Anscheinend nahm Harris sie auf den Arm. Paula meinte daraufhin verärgert, jedoch bestimmt: »Ich möchte einen niedlichen Hund mit sanftem Charakter. Er sollte ausdauernd laufen können, belastbar und pflegeleicht sein. Außerdem wäre es schön, wenn er nicht zu viel bellt.«
Der Experte zuckte verwundert zusammen. Detaillierter und eigenwilliger hätte ein Kunde seine Vorstellungen kaum beschreiben können. Paula sah Harris herausfordernd an.
»Nun, ich bin sicher, wir werden etwas Passendes für Sie finden«, erwiderte er zögernd und bat sie, ihm zu folgen.
Sie liefen einen düsteren, unterirdischen Korridor entlang, der an der linken Seite von einem riesigen Vogelkäfig begrenzt wurde. Bunte Papageien krallten sich an die Gitterstäbe ihres Gefängnisses und quittierten Paulas Besuch mit lautem Kreischen. Hinter der rechten, gläsernen Wand befand sich ein unheimliches, bis an die Decke reichendes Aquarium, in dem große Raubfische unbeeindruckt ihre Bahnen zogen. Irgendwann bog Harris ab, öffnete eine Tür und eine Welt voller Hunde tat sich vor Paula auf. Die kleinen Kläffer begrüßten sie schwanzwedelnd. Sie trat ein und betrachtete die Tiere. Jedes war ein Prachtexemplar für sich, soweit sie das beurteilen konnte.
Nachdem sie ihre potentiellen neuen Spielgefährten kritisch beäugt hatte, meinte sie wohlwollend: »Die sind ja alle sehr nett, aber eigentlich dachte ich eher an etwas Originelles.«
»Ach so!«, rief Harris freudig. »Ich wusste doch, dass ich Sie kenne! Sie sind Mrs Carter, nicht wahr?«
Paula nickte.
»Ich bitte Sie vielmals, mein Benehmen zu entschuldigen! In Ihrer bescheidenen Aufmachung habe ich Sie gar nicht erkannt. Schließlich sind Sie berühmt für Ihre Extravaganz. Ich habe immer Ihren hervorragenden Geschmack bewundert.« Hinter Harris' Lob verbarg sich anscheinend die Frage nach dem Grund, weshalb sie sich so gehen ließ.
»Ich dachte, es sei an der Zeit, einiges zu verändern«, erklärte sie ihm. »Ich mochte meinen Stil nicht mehr. Die aufwendigen Kleider, die Perücken, die unbequemen Schuhe und diese Hüte! Eleganz bedeutet für mich bloß noch, gehandicapt zu sein.«
Harris schaute verdutzt drein, aber er akzeptierte Paulas plötzlichen Sinneswandel als eine Art Schrulle. Was die Tiere anbetraf, hatte sie ihr Hang zum Außergewöhnlichen glücklicherweise nicht verlassen.
»Ich glaube, es gibt tatsächlich einen Hund, der all Ihren Ansprüchen genügt. Er ist das Produkt meiner jüngsten Schaffensperiode, und ich garantiere Ihnen, dass Sie der erste Mensch auf der Welt sind, der einen Vertreter dieser Rasse besitzt.«
Harris pries seine Züchtung überschwänglich und hatte damit die alte Gier nach dem Besonderen in Paula wieder neu entfacht. Die ließ Pudel und Mops, Dackel und Spitz gleichgültig hinter sich und folgte ihm in die Höhle des Wundertieres. Diese entpuppte sich als großer Käfig in einem noch größeren Raum, der die eisige Atmosphäre eines Laboratoriums verbreitete. Hinter dicken Gitterstäben kauerte dort einsam eine eigenartige Kreatur.
Als Paula eintrat, richtete sich das Wesen auf und hob an, leise zu bellen. Kaum vernehmbar und abgehackt waren die Töne, die das kuriose Vieh ausstieß. Paula kniete nieder, um es besser betrachten zu können.
Das seltsame Tier erinnerte äußerlich wenig an einen Hund. Es hatte überhaupt mit keinem natürlichen Geschöpf auch nur die geringste Ähnlichkeit. Sein kurzes, schwarz-graues Fell hatte ein Schachbrettmuster. Der Kopf, der wie eine dreiseitige Pyramide gewachsen war, wurde gekrönt von zwei spitzen Ohren. An dem prismatisch geformten Rumpf saß ein langer, dürrer Schwanz, der wie eine Sinuskurve gebogen war. Die Beine der Kreatur wirkten zylindrisch und ihre Pfoten wie fünfzackige Sterne.
Paula klatschte begeistert in die Hände. »Welch eigentümlicher Hund!«, rief sie entzückt.
»Wusste ich doch, dass er Ihnen gefällt!«, sah Harris seine Vermutung bestätigt. »Er bellt nicht laut, ist selbst ausgewachsen recht klein und schon jetzt wohlerzogen. Sie werden viel Freude an ihm haben.«
»Da bin ich mir sicher!«, beteuerte Paula.
»Er ist wie ein Kind für mich«, schwärmte Harris weiter. »Er ist mein Produkt, meine eigene Kreation, mein ganz persönlicher Beitrag zur Schöpfung Gottes. Bitte behandeln Sie ihn pfleglich, denn er ist der Erste seiner Art. Er ist der einzige geometrische Hund auf dieser Welt.« Der Züchter blickte mild auf das Wesen, das ihm offenbar sehr am Herzen lag.
»Ich werde ihn lieben!«, versprach Paula, während sie den merkwürdigen Vierbeiner bestaunte.
Harris trennte sich zwar ungern von seinem lebendigen Kunstwerk, überließ Paula das Tier aber kostenlos, obgleich sie wahrscheinlich jeden Preis gezahlt hätte.
»Sie sollten ein wenig mit ihm für die neue Rasse werben, Mrs Carter, sich in Ihrem Bekanntenkreis mit ihm zeigen«, wünschte sich Harris als Gegenleistung.
»Sie können sich auf mich verlassen«, versicherte Paula. »Bald werden Sie weltberühmt sein und jedermann spricht nur mehr von Ihrem geometrischen Hund.«
Von einem Glücksgefühl durchströmt, spazierte Paula aus dem Geschäft. Artig lief das drollige Tier an der Leine nebenher.
* * *
Paula hatte sich vorgenommen, den sonderbaren Vierbeiner noch am selben Nachmittag im nahe gelegenen Park auszuführen, denn dort würden ihr bestimmt ein paar Bekannte begegnen, die gewiss gleich vor Neid erblassten, wenn sie sähen, welch herrlicher Hund nun ihr gehörte. Obschon man Paula die Überspanntheit äußerlich nicht mehr anmerkte, war sie doch im Grunde ihres Herzens ganz die Alte. Sie wollte auffallen und Gesprächsthema sein; daran hatte sich nichts geändert. Daher kleidete sie sich besonders schlicht und steckte ihr dunkelblondes Haar unvorteilhaft hoch, um mit ihrem Aufzug nicht von dem Tier abzulenken. Allerdings verkörperte sie mit ihrer langen, feinen Nase, den markanten Wangenknochen und den leuchtenden hellblauen Augen trotz ihrer Fältchen den Prototyp einer herben Schönheit. So war sie wieder einmal unzufrieden mit ihrem Äußeren, denn sie fand, dass sie fast zu gut aussah. Dabei sollte ja der geometrische Hund die Blicke der Spaziergänger auf sich ziehen.
Auf dem Weg durch die Grünanlagen weckte ihr Haustier freilich sofort das Interesse der Passanten. Misstrauisch betrachteten sie den seltsamen Köter. Manche blieben sogar stehen und drehten sich kopfschüttelnd um. Paula erfüllte es mit Stolz und Genugtuung, dass ihr neuer Freund so viel Aufmerksamkeit erregte. Der Hund selbst spürte natürlich instinktiv, dass er bestaunt wurde, und bellte im vertrauten Stakkato, um auch alle Anwesenden von seinen Starqualitäten zu überzeugen.
Schließlich traf Paula auf Mrs Field, die sich von ihren beiden weißen Pudeln durch den Park hetzen ließ.
»Guten Tag, Mrs Field!«, grüßte sie freundlich, darauf hoffend, dass diese von ihrem tierischen Begleiter gleich Notiz nahm.
»Guten Tag, Mrs Carter!«, erwiderte die ältere Dame. »Sie haben jetzt einen Hund?« Mrs Fields Augenlicht war im Laufe der Jahre etwas schwach geworden. Deshalb beugte sie sich zu Paulas Liebling hinunter. »Oh!«, entfuhr es ihr. »Welche Rasse ist denn das?«
»Er ist ein geometrischer Hund«, erklärte Paula. »Sein Schöpfer ist Harold Harris, der stadtbekannte Züchter.«
»Hat Harris noch mehr solche Tiere zu verkaufen?«, erkundigte sich Mrs Field.
»Nein, im Moment nicht. Er ist der Erste seiner Art, sozusagen das Original.«
»Oh, das ist schade! Der Kleine ist ja wirklich herzallerliebst«, bedauerte Mrs Field. »Und wie heißt er?«
»Ich nenne ihn Triangle«, sagte Paula. »Der Name passt zu seinem Kopf.«
»Ja, das ist wahr«, meinte Mrs Field nachdenklich.
Die quirligen Pudel wurden unruhig und begannen zu jaulen. Sie hüpften ständig vor den Füßen ihres Frauchens umher, sprangen hoch, schnappten nach Mrs Fields Mantel und verbissen sich in ihre Leinen. Den geometrischen Artgenossen kläfften sie irritiert an.
»Nun, ich werde dann mal weitergehen«, beugte sich Mrs Field dem Willen ihrer ungezogenen Hunde. Die jagten ihre Besitzerin rücksichtslos durch den Park, und bald sah man bloß noch einen grauen Mantel flattern und hörte Mrs Field um Gnade flehen, wobei ihr Haar genauso silbern leuchtete wie das Fell der bösartigen Pudel.
Paula lachte unterdessen zufrieden in sich hinein und dachte bei sich: »Was habe ich doch für ein Glück mit meinem lieben Hund!«
* * *
In den nächsten Wochen und Monaten startete Paula in Dog Town eine regelrechte Werbekampagne für den geometrischen Hund. Sie besuchte Partys und Kunstausstellungen und blieb keinem Empfang fern. Wo sie selbst auftauchte, war freilich auch ihr tierischer Freund nicht weit. Triangle, das gutmütige kleine Monster, erregte überall Aufsehen und Paula lobte es über den grünen Klee. Die Nachfrage nach Vertretern dieser Rasse stieg infolgedessen enorm.
Züchter Harold Harris war damit am Ziel seiner Wünsche angelangt. Von nun an bestimmte er die Haustiermode. Triangles Familie wuchs und wuchs, denn alle Honoratioren des Ortes leisteten sich einen von seinen Artgenossen, um dem Zeitgeschmack zu huldigen. So begab es sich, dass in jener beschaulichen Stadt die Geometrie auf vier Beinen Einzug hielt.
* * *
Drei Jahre später gehörten die geometrischen Hunde zum Straßenbild in Dog Town und Harold Harris war ein reicher Mann. Seit er den Coup seines Lebens gelandet hatte, ruhte er sich auf seinen Lorbeeren aus. Er ließ sich hofieren und genoss den Ruhm. Harris war ein Star.
Paulas Hund hingegen hatte jenen Status inzwischen verloren, denn er unterschied sich von seinen Artgenossen in keiner Weise. Dies wiederum ärgerte Paula. Sie hatte sich daran gewöhnt, ein besonderes Tier zu besitzen und damit zu prahlen. Deshalb war sie auch sehr an einem Hundefutter namens John's Cube interessiert, das der Hersteller John Jones erst kürzlich auf den Markt gebracht und das bei einigen Rassen bereits wahre Wunder bewirkt hatte. John's Cube konnte durchaus der erhoffte Rettungsanker sein. Als Paula nun hörte, dass Jones nach Dog Town kommen würde, um für sein Produkt zu werben, beschloss sie daher sogleich, jene Veranstaltung zu besuchen. -
John Jones erinnerte Paula sofort an Harold Harris, denn er war ein ebensolcher Geck wie der Züchter. Professionell und schnörkellos pries er die neue Hundenahrung an. Laut seiner Aussage sorgte eine spezielle Zusammensetzung der Inhaltsstoffe dafür, dass jedes Tier eine individuelle Schönheit entwickelte und sich all seine charakteristischen Merkmale stärker ausprägten. Jones erklärte dem aufmerksamen Publikum, so wie nur ein Fachmann dies kann, welche chemischen und biologischen Vorgänge jener Wirkung im Einzelnen zugrunde lagen.
Paula verstand leider wenig von Chemie und Biologie, und so griff sie ohne Zögern zu John's Cube. Die Zeit war reif für eine Umstellung von Triangles Speiseplan.
* * *
Am nächsten Morgen schüttete Paula Carter das frisch erstandene Futter in den Fressnapf ihres Hundes. Die Nahrung war zu kleinen Würfeln geformt, was Triangle offensichtlich gefiel. Er war begeistert von John's Cube und schlang die Brocken gierig hinunter.
Schon einige Tage später zeichnete sich dann auch eine erste Veränderung an ihm ab: Er begann zu wachsen. Dies erfüllte Paula mit Stolz und weckte ihren Ehrgeiz. Plötzlich fiel ihr Haustier wieder auf. Erneut hob es sich von allen übrigen Vertretern seiner Art ab, denn kein anderer geometrischer Hund war so groß. Kurz darauf gingen mit ihm weitere Verwandlungen vor. Sein Körper wurde immer eckiger und bald traten an seinem Fell kleine Spitzen heraus.
So machte Triangle zum zweiten Mal Furore, und alle Besitzer eines geometrischen Hundes verfütterten fortan John's Cube, wenn sie im Trend liegen wollten.
* * *
Nun gibt es leider bei jeder Neuentwicklung anfangs gewisse Schwierigkeiten. Über kurz oder lang musste daher irgendetwas schiefgehen ...
Zum einen sollte der geometrische Hund nie zu einem großen Tier heranwachsen, zum anderen hätte John's Cube bloß den herkömmlichen Rassen als Nahrung dienen dürfen. Außerdem hatte John Jones, der verantwortungslose Hersteller von John's Cube, völlig (vielleicht auch absichtlich) übersehen, dass sein Produkt süchtig machte.
Als Paula eines Tages das Futter absetzte, trat Triangle sofort in den Hungerstreik. Der Tierarzt, den sie deshalb aufsuchte, schüttelte abweisend den Kopf und meinte, er sei Veterinär und kein Wunderheiler. So blieb ihr nichts anderes übrig, als wieder auf John's Cube umzusteigen.
Mit der Zeit stellten sich bei den anderen Hundehaltern natürlich die gleichen Probleme ein. Die Tiere verweigerten jede Nahrungsaufnahme, es sei denn, man gab ihnen John's Cube. Dies ließ sie aber immer weiter wachsen.
Gestern habe ich bei Paula in Dog Town angerufen und mich nach dem Stand der Dinge erkundigt, um Ihnen, mein lieber Leser, mit den neuesten Informationen dienen zu können.
Paulas Triangle ist mittlerweile an die fünf Meter hoch und hat schätzungsweise mehrere tausend Ecken. Er sieht fast aus wie ein gewaltiger Igel. Auch seine Stimme wird lauter und lauter. Sein Gewicht ist jetzt bereits beträchtlich, und wenn er durch den Garten rennt, dann wackelt das ganze Haus.
Sämtliche geometrischen Hunde sind inzwischen missgestaltet und ihr dröhnendes Gebell übertönt jedes andere Geräusch. Die Köter laufen führerlos durch die Stadt, zertrampeln alles, was ihnen im Weg steht, schlagen mit ihren Pfoten mitunter sogar Löcher in den Straßenbelag. Keine Absperrung trotzt ihrem Gewicht. Nichts und niemand hält sie auf.
Züchter Harold Harris hat sich übrigens längst aus dem Staube gemacht, und Futterguru John Jones verdient sich infolge des gesteigerten Bedarfs an Hundenahrung eine goldene Nase.
Kurzum, die Situation ist unerträglich und kein Ende ist in Sicht. Sollte sich die Lage entspannen, wird Paula sich bei mir melden. Sobald es also etwas Erfreulicheres aus Dog Town zu berichten gibt, werde ich es Sie, mein treuer Leser, wissen lassen.
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